in den »Heimatblättern«, Beilage zur Oldenburgischen Volkszeitung
von Dr. Gabriel Isenberg
Der 8. Beitrag in der Reihe der „Orgelgeschichten aus dem Oldenburger Münsterland“ nimmt gleich vier verschiedene Instrumente in den Blick. Sie stehen in den Kirchen und Kapellen, die zur 1935 gegründeten evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Friesoythe gehören.
Die erste Orgel in der alten Friesoyther Kapelle
Das erste evangelische Kirchengebäude in Friesoythe wurde 1912 auf dem Grundstück der evangelischen Volksschule am Grünen Hof erbaut. Anfangs wurde die Kapelle seelsorgerisch noch von Edewecht
und Elisabethfehn aus betreut, erst per Gesetz der Oldenburgischen Landeskirche vom 20. Juni 1935 wurde die Friesoyther Kirchengemeinde selbständig.
1927 konnte – nachdem bis dahin ein Harmonium für die Begleitung der Gottesdienste verwendet worden war – auch eine kleine Orgel angeschafft werden. Dabei handelte es sich um eine pneumatische
Orgel aus der renommierten Orgelbauwerkstatt Furtwängler & Hammer in Hannover. Sie wurde am 3. Adventssonntag, den 11. Dezember 1927 mit einem kleinen Adventskonzert eingeweiht, zu dem es
wenige Tage später in einem Zeitungsbericht hieß, dass die Orgel sich „in ihren feinen Registern, sowie in ihrem Gesamtcharakter gerade für die Weihnachtsmusik als besonders geeignet“ gezeigt
habe. Mit ihrer für den spätromantischen Klangstil der Zeit typischen Disposition – drei 8'-Register plus Gemshorn 4' und Waldflöte 2', außerdem ein Subbaß im Pedal – dürfte die Orgel für die
leiseren, stimmungsvollen Töne prädestiniert gewesen sein.
Der 1838 gegründete und inzwischen in dritter Generation geführte Betrieb der Fa. Furtwängler & Hammer hatte nach dem Tod des Oldenburger Orgelbauers Johann Martin Schmid („Schmid III“) im
Sommer 1923 etliche Aufträge im Oldenburger Land übernommen – allerdings ausschließlich in den evangelischen Kirchen. Bereits 1922 hatte die Firma in Westerstede eine neue Orgel gebaut und im
gleichen Jahr die Schmid-Orgel in der Banter Kirche Wilhelmshaven umgebaut und erweitert. Die Orgel in Friesoythe, die die Firmen-Opusnummer 1015 trug, war der erste Orgelneubau von Furtwängler
& Hammer in Südoldenburg.
Als die Friesoyther Kirche am 15. April 1945 durch ein von betrunkenen kanadischen Soldaten gelegtes Feuer bis auf die Grundmauern niederbrannte, war das auch das Ende der
Furtwängler-&-Hammer-Orgel. Nach Ende des Krieges konnte in Friesoythe eine hölzerne Notkirche aufgestellt werden, die jedoch kurz vor Weihnachten 1948 erneut ein Opfer der Flammen wurde.
Daraufhin baute man auf den Ruinen der alten Kapelle eine neue – die bis heute bestehende – Michaeliskirche auf, deren Weihe am 16. Dezember 1951 erfolgte.
Kleinorgeln von Herbert Kruse in Sedelsberg und Friesoythe
Durch eine große Zahl evangelischer Flüchtlinge wuchs die Gemeinde in den Nachkriegsjahren sehr stark an, so dass es auf dank des großen Engagements der Bevölkerung zum Bau weiterer Kirchen in
Sedelsberg und Bösel kam.
Am 4. Advent 1957 wurde die Trinitatiskirche in Sedelsberg geweiht – bis heute die einzige evangelische Kirche im Saterland. Sowohl für die Kirche in Sedelsberg als auch in Friesoythe konnten
wenig später zwei mehr oder weniger baugleiche Kleinorgeln von dem Orgelbauer Herbert Kruse in Lohne erworben werden. Die 1961 in der Michaeliskirche in Friesoythe aufgestellte Orgel hatte vier
Manualregister und zusätzlich ein mit Subbass 16' besetztes Pedal. Die Orgel in Sedelsberg (die von 1957 bis 1960 leihweise bereits in der Michaeliskirche Friesoythe stand) hingegen hatte kein
Pedal. Sie kam 1970 in die Kapelle in Schwaneburgermoor, während das für dort 1962 von der Fa. Alfred Führer (Wilhelmshaven) erbaute Orgelpositiv nach Sedelsberg versetzt wurde (dieses steht
wiederum seit 1979 in der ev.-luth. Kirche „Zum Schifflein Christi“ in Molbergen; in Sedelsberg stellte man eine Ahlborn-E-Orgel auf).
Elektronische Orgel in Bösel
In der 1960 erbauten Auferstehungskirche in Bösel hatte man ebenfalls die Anschaffung einer Orgel vorgesehen, dafür fehlten aber zunächst die nötigen Gelder. Interessanterweise hatte man bereits
eine Empore eingebaut, aus Kostengründen aber ohne eigenen Zugang. Dieser sollte erst bei Anschaffung einer Orgel nachträglich geschaffen werden. In den folgenden Jahren entwickelte sich eine
Diskussion darüber, ob anstatt einer Pfeifenorgel auch eine elektronische Orgel genügen würde. Schließlich fiel die Entscheidung, 1967 eine elektronische Orgel Modell Vierling E4 der Firma Paul
Weiss aus Spaichingen/Württemberg anzuschaffen. Diese Orgel wurde hinten im Kirchenraum aufgestellt, die Lautsprecher auf der vorhandenen Empore. Wenngleich man offenbar zunächst stolz auf die
„erste Orgel ihrer Art in einer evangelischen Kirche im Oldenburger Land“ war, führte das Instrument in den kommenden Jahren doch eher ein Schattendasein, und man begleitete die Gottesdienste
hauptsächlich mit dem Posaunenchor. 1990 kam es infolge eines Blitzeinschlags zu einer Überspannung, und die elektronische Orgel war nicht mehr nutzbar.
50 Jahre Alfred-Führer-Orgel in Friesoythe
Auf lange Sicht konnte also weder die elektronische Orgellösung in Bösel befriedigen noch die 1979 in Sedelsberg aufgestellte Ahlborn-E-Orgel. Heute stehen in allen drei Kirchen der Gemeinde
sowie in der Kapelle Schwaneburgermoor Pfeifenorgeln.
In der Michaeliskirche Friesoythe kann in diesem Jahr das 50-jährige Orgeljubiläum begangen werden. Die dortige Orgel wurde 1975 von der renommierten Orgelbauwerkstatt Alfred Führer in
Wilhelmshaven gebaut, die im Oldenburger Land sehr viele Kirche mit ihren Instrumenten ausstattete. Das mit 706 Pfeifen und zehn Registern auf zwei Manualen und Pedal ausgestattete Instrument
wurde am 4. Juni 1975 mit einem Orgelkonzert eingeweiht, bei dem der (im vergangenen Jahr verstorbene) Friesoyther Schul- und Kirchenmusiker Werner Haselier an den Tasten saß.
Mit ihrem in klaren, schlichten Formen gehaltenen Gehäuse steht die Orgel auf der rechten Seite der Empore und passt sich optisch sehr gut in den Kirchenraum ein. Die zehn Register sind auf
Haupt- und Unterwerk und Pedal verteilt – Prinzipal- und Flötenchor sind so auf die beiden Manuale aufgeteilt, dass sich sowohl zwei unterschiedliche Plena als auch verschiedene Solomischungen
ergeben. Damit lassen sich trotz der recht geringen Registerzahl viele verschiedene Klangfarben mischen.
Bosch-Orgel in der Auferstehungskirche Bösel
Ein besonders klangschönes Instrument ist die 1992 erbaute Orgel in der Auferstehungskirche Bösel, für die eigens die Empore vergrößert und ein Vorbau vor der Kirche geschaffen wurde. Sie ist das Opus 865 und Teil einer kleinen Bauserie von Pedal-Positiven der Fa. Werner Bosch in Kassel – eine ähnliche Orgel hatte die Firma beispielsweise ein paar Jahre zuvor für die Bundesgartenschau 1985 in Berlin gebaut. Die Böseler Orgel hat zwar nur fünf Manual- und ein Pedalregister, die aber so charakteristisch intoniert sind, dass sie ein klanglich abwechslungsreiches und inspirierendes Musizieren ermöglichen. Im Rahmen der letzten Kirchenrenovierung 2013 wurde die Orgel gereinigt und überholt.
Eine neue alte Orgel für Sedelsberg
Seit 2012 steht auch in der Sedelsberger Trinitatiskirche wieder über Pfeifenorgel, die dort als gebraucht angeschafftes Instrument von dem Orgelbauer Willehard Schomberg aus Friesoythe-Kamperfehn aufgestellt und generalüberholt wurde. Dabei handelt es sich um eine Kleinorgel mit fünf Registern der Fa. Alfred Führer (Wilhelmshaven) aus dem Jahr 1967, die vorher in einer Kirche in Duisburg stand. Die Anschaffung wurde durch eine große Spendenbereitschaft der Sedelsberger Gemeindemitglieder ermöglicht. Am 3. Juni 2012 fand die Einweihung des Instruments statt.
Musiker gesucht
Somit verfügt die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Friesoythe-Sedelsberg-Bösel mit ihren drei Kirchen und der Kapelle in Schwaneburgermoor heute über vier kleine, aber feine Instrumente,
deren Klang zum Lob Gottes und zur Freude der Menschen erschallen kann. Aber dafür braucht es natürlich auch Menschen, die Freude haben, diese Instrumente zum Klingen zu bringen. Dazu ist die
Kirchengemeinde immer wieder auf der Suche nach Interessierten, die die „Gottesdienste musikalisch mitgestalten und so zur Freude der Gottesdienstbesucher und zur Verkündigung des Evangeliums
beitragen“, wie es Pfarrer Rohlfing im jüngsten Gemeindebrief formuliert.
Unser Kulturerbe Orgel lebt nur dann, wenn es gepflegt und kreativ genutzt wird. Dazu möchten wir auch mit dieser Beitragsreihe in den „Heimatblättern“ immer wieder einladen und animieren – auch
in Friesoythe, Sedelsberg, Bösel und Schwaneburgermoor!
Hier finden Sie einen detaillierten geschichtlichen Überblick mit Dispositions- und Quellenangaben:
(zum Vergrößern auf das jeweilige Bild klicken)